Von Sabine Börchers
Uwe Michler ist bereits angekommen. Auch wenn der neue Pfarrer von St. Josef Frankfurt am Main seine Stelle offiziell erst am 13. November 2016 antritt, hat er die Wohnung im Pfarrhaus in der Eichwaldstraße schon bezogen und sich die Pfarrei ein wenig angeschaut - wenn auch eher inkognito.
So besuchte er Gottesdienste in Sankt Josef, in Fechenheim und Seckbach, setzte sich aber bewusst in die letzte Reihe, um ungestört zuschauen zu können und um Eindrücke zu sammeln. Ruhig und zurückhaltend wirkt Michler im Gespräch. Er hört zu, fragt, macht sich ein Bild, bevor er selbst seine Einschätzung abgibt. Seine ersten positiven Eindrücke von der neuen Heimat sind die belebte Berger Straße direkt vor der Tür, der offene Kirchhof und die Kapelle mit den vielen brennenden Kerzen. Die Arbeit in der Großstadt hatte ihn gereizt, nachdem er elf Jahre lang im 12.000-Einwohner-Ort Diez bei Limburg tätig war. Zudem hat er aus Studienzeiten Freunde in Frankfurt und freut sich besonders auf regelmäßige Theaterbesuche.
Größer könnte der Unterschied zwischen Diez und Frankfurt kaum sein
St. Josef selbst war ihm ebenfalls nicht ganz unbekannt. In den 1990er Jahren studierte der gebürtig Weilburger an der Hochschule Sankt Georgen und besuchte damals mit anderen Seminaristen unterschiedliche Pfarrhäuser, darunter auch das der Josefiner. "Damals habe ich Michael Metzler kennengelernt", erzählt er. Mit einer früheren Pastoralreferentin der Pfarrei ist er zudem eng befreundet. Sie habe ihn ebenfalls informiert. Denn größer könnten die Unterschiede zwischen Diez und St. Josef kaum sein. Seine alte Wirkungsstätte sei evangelisch geprägt, sagt Michler. Zunächst war er als Pfarrer neben Diez daher für 30 kleinere Orte der Umgebung zuständig, zum Schluss, als priesterlicher Leiter im pastoralen Raum sogar für 70. Insgesamt 9.000 Katholiken umfasste dieser, etwa die Hälfte der Mitglieder St. Josefs. Michler legte zahllose Kilometer während seiner elfjährigen Tätigkeit im Lahntal zurück. In der jüngeren Vergangenheit führte er zudem viele Diskussionen, da der Pastorale Raum zu einer Pfarrei neuen Typs umgewandelt werden soll. "Ich bin froh, dass dieser Prozess in St. Josef bereits abgeschlossen ist und wir uns auf die Gemeindearbeit konzentrieren können", stellt er fest.

Themen wie die Jugendarbeit interessieren ihn dabei sehr. Nicht nur in Diez hat er Jugendfreizeiten organisiert oder Kinoabende. Seit gut einem Jahr ist Michler Diözesan-Jugendpfarrer und damit für die seelsorgerische Begleitung der Jugendarbeit im Bistum Limburg zuständig. So hält er Gottesdienste auf Bistumsebene und war mit den Jugendlichen des Bistums im März beim Weltjugendtag im polnischen Krakau. Parallel dazu macht er als Präses des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend auch Verbandsarbeit. Beides umfasse etwa 20 Prozent seiner Tätigkeit, schätzt er. Das sei aber kein Dauerzustand. "Ich habe schon gesagt, dass ich das höchstens noch ein bis zwei Jahre lang mache. Beim Weltjugendtag 2019, der nach Panama geht, bin ich sicher nicht mehr im Organisationsteam." Er wolle Jüngere heranlassen, begründet der 46-Jährige seine Entscheidung, aber auch mit dem Wunsch, sich auf seine Aufgaben in Frankfurt zu konzentrieren. Was die dortige Jugendarbeit angeht, sei der Gemeindereferent Martin Dorda zuständig, stellt er sofort klar. "Ich könnte mir deshalb höchstens vorstellen, ergänzend etwas mit jungen Erwachsenen zu machen." Es gibt aber noch weitere Themen, auf die er sein Augenmerk richten will, etwa die Berührungspunkte der Pfarrei zur Stadt sowie die guten Kontakte zur evangelischen Gemeinde in Bornheim.
Große Fußstapfen
Uwe Michler ist sich bewusst, dass es in Frankfurt kein ganz leichter Einstand für ihn wird. Michael Metzler sei hier schließlich 30 Jahre lang Pfarrer und sehr prägend gewesen. Deshalb will er zunächst die vier Kirchorte besser kennenlernen und möglichst häufig präsent sein. Ändern will er vorerst nichts. "Die ersten sechs Monate schaue ich mir alles an, da werden zum Beispiel die Gottesdienste unverändert bleiben." Nach einer Einarbeitungszeit kann er sich sogar vorstellen, dass Michael Metzler bei dem einen oder anderen Gottesdienst aushilft. "Es gibt ja Kollegen, die wollen nicht, dass ihr Vorgänger noch etwas in der Gemeinde macht, ich finde das nicht gut."
Froh ist Michler, dass sein Vorgänger bereits in den Gottesdiensten eine liturgische Offenheit pflegte und etwa Texte der Gebete leicht veränderte. "Diese Freiheit werde ich mir auch herausnehmen gegenüber den kirchenrechtlichen Vorgaben." Für Theologie hat er sich schon früh interessiert. "Ich bin in einem katholisch geprägten Milieu aufgewachsen, ich habe damals viele positive Erfahrungen mit Priestern und Religionslehrern gemacht", erzählt er. Da lag es nahe, selber diesen Weg einzuschlagen. Im Juni 1999 wurde er im Limburger Dom zum Priester geweiht, anschließend war er als Kaplan in Königstein und Dillenburg tätig. "Ich denke, Pfarrer ist einer der Berufe, in denen man - mal von äußeren Rahmenbedingungen wie dem Zölibat abgesehen - aktiv und ohne viele Vorgaben arbeiten kann", beschreibt er, was ihn an seiner Tätigkeit interessiert. Seine Arbeit stehe für ihn immer unter der Grundfrage, "wie können wir unter heutigen Bedingungen Glauben leben und versuchen, eine Gemeinde zu sein".